Die Kirche in Pöhlde

Die Johannes-Servatius-Kirche zu Pöhlde steht auf geschichtsträchtigem Boden. Ihre Geschichte ist eng mit der Geschichte der ehemaligen Reichspfalz Pöhlde und dem ehemaligen Kloster an diesem Ort verbunden. Bei den Ausgrabungen im Pfarrgarten (1964 – 70) und auf dem Kirchhof (1971-74) wurden u.a. Grundmauern der Reichspfalz, des Klostergebäudes, bzw. der Seitenschiffe der Kirche gefunden.

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Die heutige Kirche

Die heutige Kirche steht auf den Grundmauern des Mittelschiffes der ehemaligen Klosterkirche. Dies erklärt ihr auffallend langgestreckte Form und die Tatsache, dass sich das Kircheninnere unter dem Niveau des Kirchenschiffes befindet.

Die erste Klosterkirche wurde im romanischen Stil erbaut, die zweite im gotischen Stil. Reste eines gotischen Fensters befinden sich an der Ostseite der Kirche. Teile der Seitenschiffe und des Kreuzganges des Klosters sind bei Ausgrabungen entdeckt worden.

Der Verlauf der alten Mauern wird zur Zeit mit Sandsteinplatten auf dem Kirchhof gekennzeichnet. Im Kircheninneren erinnern 12 Holzreliefs an der Empore und ein kunstvoll geschmückter doppelsitziger Chorstuhl an die Zeiten des Klosters.

Die Holzreliefs aus dem 13. Jahrhundert befanden sich ursprünglich als Chorstuhlwangen am Gestühl der Mönche. Sie zeigen Köpfe biblischer Gestalten.

Der doppelsitzige Chorstuhl, eine Dauerleihgabe des Landesmuseums in Hannover, wurde um 1500 geschnitzt und gilt als Sitz für Probst und Prior des Klosters. Im Landesmuseum Hannover befinden sich noch Teile des geschnitzten Flügelaltars, einige kunstvolle Chorstuhlwangen und Reliefs aus der Pöhlder Kirche.

Die 35 Ölbilder, die die Empore schmücken, sind um 1700 gemalt und stellen das Leben Jesu da. Es wird erzählt, die Bilder seien von zwei Künstlerinnen gemalt worden. Die Namen unter den Bildern sind vermutlich die Stifter der Bilder. Einige ihrer Lebensdaten sind in den Kirchenbüchern der Gemeinde erwähnt.

Die 4 Evangelisten an der Altarwand wurden um 1900 geschaffen, zwischenzeitlich übermalt und erst bei der letzten Kirchenrenovierung 1967 hervorgeholt.

Der Orgelprospekt stammt von 1827, als die erste Orgel in der Kirche erklang. Die jetzige Orgel wurde 1975 von der Fa. Ott aus Göttingen gebaut. Sie hat 2 Manuale und 950 Pfeifen.

Die Kirche hat drei Glocken, eine kleine von 1927 (Fa. Radler/Hildesheim), zwei große von 1969 (Fa. Schilling/Heidelberg). Die Glocke auf dem eichenen Glockenträger wurde von Pöhldern nach dem 2. Weltkrieg gespendet. Sie hing bis 1969 im Geläut der Kirche und fand 1994 in dem neu erbauten Glockenträger ihren Platz. Sie läutet insbesondere zu Friedensandachten.

Als weiteren Inventarien seien genannt: die Taufschale von 1668, die Abendmahlsgeräte, eine Stiftung des hannoverschen Königs Georg V von 1843 – 1851.

Am Südeingang der Kirche befindet sich eine Grabinschrift von 1530 (Iost v. Minigerode)

Daten zur Geschichte

927/929 Erste urkundliche Erwähnung des Ortes ( Polithi ), als Heinrich I (919 – 936) seiner Ehefrau Mathilde die hiesige Pfalz neben anderen Besitzungen als Witwensitz zuschrieb.
952 wird ein Teil des o.a. Besitz in Pöhlde auf Bitten von Mathilde dem Kloster zu Pöhlde gestiftet. Ihr Sohn Otto I (936-973) stattet das Kloster mit zahlreichen Privilegien aus. Das Benediktinerkloster wird dem Täufer Johannes und dem heiligen Servatius geweiht und verfügt über weit verstreuten Grundbesitz (bis Friesland), zahlreiche Rechte am Zehnten u.a. im Eichsfeld sowie viele Kirchen, die dem Konvent unterstanden (z.B. Albani/Göttingen). Das Kloster war eines der reichsten im Lande. Pöhlde galt als Weihnachtspfalz der deutschen Kaiser. Kirchensynoden fanden hier statt. Mancher politischer und kirchenpolitischer Streit wurde hier ausgetragen.
1131 führt Norbert v. Xanten (Erzbischof von Magdeburg) die Ordensregel der Prämonstratenser ein.
1200 wird die romanische Kirche durch Brand zerstört, im gotischen Stil neu gebaut und 1240 eingeweiht.
1525 werden die Kirche und das Kloster durch Eichsfelder Bauern im Bauernkrieg zerstört.
1533 wird das Kloster durch Herzog Philipp von Grubenhagen aufgelöst und die Reformation in Pöhlde eingeführt.
Die Mönche waren inzwischen nach Duderstadt in den “Pöhlder Hof” gezogen. Der Klosterbesitz kam unter Grubenhagen`scher Verwaltung.

17. Jahr. wird die Kirche nach Verfall und Zerstörung, im 30-jährigen Krieg, auf den Grundmauern des Mittelschiffes der ehemaligen Klosterkirche, als Fachwerkbau errichtet.
Seit 1577 sind in Pöhlde 22 Geistliche ( 21 Pastoren, und eine Pastorin) tätig
Zu den Funden auf dem ehemaligen Pfalz- und Klostergelände:

Nördlich des Kirchhofes, im jetzigen Pfarrgarten, wurden bei Ausgrabungen zwischen 1964 und 1970 Reste der ehemaligen Kaiserpfalz entdeckt. Fundamente von 6 Baulichkeiten wurden ausgegraben, von denen die ältesten auf das 10. Jahrhundert datiert wurden. Unter anderem wurden die Fundamente des repräsentativen Hauptgebäudes freigelegt.

Auf dem Kirchengelände wurden bei Ausgrabungen 1971-74 Fundamentreste der Seitenschiffe, der früheren Klosterkirche sowie des Kreuzganges freigelegt. Vom Portal des nördlichen Seitenschiffs führt ein Verbindungsgang zum Pfalzgebäude, ähnlich wie in anderen frühmittelalterlichen Pfalzen in Aachen oder Frankfurt.
Die Mauerfunde wurden aus konservatorischen Gründen wieder zugeschüttet.

Unter den Bauresten der Pfalz und des Klosters wurden zahlreiche Keramikfunde der jüngeren Eisenzeit bzw. der älteren Römischen Kaiser gemacht, die auf eine alte Siedlungstätigkeit hinweisen.

Hinzuweisen bleibt noch auf die Fluchtburg auf dem Rotenberg oberhalb des Ortes Pöhlde. Die am “Fastweg” gelegene Anlage wird auf das 9./10. Jahrhundert geschätzt. Den Namen “König Heinrichs Vogelherd” trägt sie nach der Sage, daß König Heinrich I. hier die Nachricht seiner Königserhebung bei der Vogeljagd erhalten haben soll.

Literatur:
H.-W. Heine :Frühe Burgen und Pfalzen in Niedersachsen, Hildesheim 1995
O. Zander: Historische Streifzüge durch den Südharz. Herzberg 1983

Artikel von Poehlde.de – Klaus Harriehausen